Parnehnen                       

Krasnij Jar 
Früher ein deutsches Dorf in Ostpreußen Heute ein russisches Dorf in der Oblast Kaliningrad
Patenkinder
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Wika

 

 

Wika sah ich zum 1.Mal etwa 1995, als sie als Kleinkind auf dem Boden krabbelte. Sie ist eins von meinen vielen Lieblingskindern. Aber auch eins von meinen Sorgenkindern. Seit damals kenne ich auch Wika´s große Familie.

Und wie in vielen Großfamilien, in denen der Vater fehlt, gibt es auch hier Schwierigkeiten, alle satt zu kriegen, für alle ordentliche Bekleidung und Schulmaterial herbei zu schaffen.

In Abständen aber bei fast jedem meiner Besuche sah ich sie in der Schule oder Zuhause oder auf der Straße.

Hier probiert sie mit vielen anderen Schulkindern gemeinsam Schuhe aus, die von der Parnehnen-Hilfe vor dem beginnenden Winter immer in großen Mengen durch die Feldscherin verteilt werden.

Wika hat Paten gefunden, die ihr bei der Beschaffung von Schulbüchern -Heften und anderen dringenden Dingen helfen werden.

Sie war zu Tränen gerührt, als sie erfuhr, daß deutsche Leute ihr helfen wollen.

Als sie etwa 12Jahre alt war, bekam Wika eine kleine Nähmaschine, auf der sie unter Anleitung von Luba ihre ersten Nähversuche startete.

Luba L. die Frau von Wolodja, leistete famals im Auftrag der Parnehnen-Hilfe in der Familie Unterstützung bei Haushaltsführung und Erziehung der Kinder.

 

Bald wurde die Kindernähmaschine gegen eine große, elektrische Koffernähmaschine ausgetauscht und Luba zeigte ihr, wie man Wäsche reparieren oder einfache Dinge selbst herstellen kann.

Wika muß im Haushalt sehr vielhelfen, und wenn die Mutter Arbeit hat, auch zuhause auf die kleinen Geschwister achten; oft kann sie deswegen nicht zur Schule gehen, hat keine Zeit für Schulaufgaben und bekommt immer größere Lücken im Schulstoff. Sie bekommt keine guten Noten und verliert den Mut.

 

Handarbeitsunterricht in meiner Küche in Olchowka/

Köllmisch Damerau

Daher halte ich für wichtig, sie mit praktischen Techniken vertraut zu machen, die ihr später hoffentlich die Möglichkeit eröffnen, ihr Leben zu meistern

Bei vielen meiner Besuche lernten Wika und andere Kinder auch von mir oder meinen Gästen neue Handarbeitstechniken kennen wie Waschen und Kämmen von Schafwolle, das Spinnen mit der Handspindel und dem Spinnrad, Figurenfilzen mit der Filznadel oder auch Bilder  filzen und Weben.

Für das Kinderheim hat Wika Boxer-Shorts genäht und von der Parnehnen-Hilfe dafür Lohn bekommen. Wenn alles nach Plan geht, werden für dieses Geld Küken, Hühnerfutter und Material für einen kleinen Hühnerstall gekauft.

Sommerferien

 

Es ist nicht nach Plan gegangen, Hühner wurden nicht angeschafft, das Material fehlte.

Ich will Wika, wenn sie 16 ist, nach Deutschland einladen. Das geht nur, wenn sie dann einen gültigen Pass hat. Den kann sie aber nur bekommen, wenn die Mutter selbst für sich einen Pass machen läßt und dazu mit vielen erforderlichen Unterlagen und Fotos in die Stadt fährt.

Mehrere von mir forcierte und finanzierte Versuche scheitern daran, daß die Verwaltung zu ungewohnter Zeit geschlossen ist, daß ein Kind noch ein Passfoto braucht aber zuhause sitzt, daß beim nächsten Versuch zwar das Kind mit in die Stadt gefahren ist, aber der Fotoladen gschlossen hat, und schließlich ist alles Geld für den Bus verbraucht, und die Mutter gibt auf.

Das bedeutet auch, daß die 3 schulpflichtigen Kinder weiterhin von der kostenlosen Schulspeisung ausgeschlossen sind.

 

 Inzwischen wurde Wika 16, sie hat noch keinen Pass und weiß auch nicht, was ihre Mutter dazu sagt, wenn ich sie einladen möchte.

 

Sie besucht mich noch gern und hilft mir z.B. wenn ich Anmachholz für den Herd oder Kachelofen brauche.

 

Im Sommer 2009 wurde Wikas Klasse entlassen, ich war zu dieser Zeit in Parnehnen und war , wie sonst auch , zu der Abschlußfeier eingeladen. Wika fehlte, und ich erfuhr, sie hatte ihren Abschluß nicht geschafft und arbeitete während der Ferien - von Juni bis September - in einem Sägewerk. Zu meiner großen Freude besucht sie im neuen Schuljahr wieder die Schule, um den Abschluß doch noch zu bekommen.

 

Anfang 2010 bekam ich von meinem Helfer Wolodja die Nachricht: alle Pässe der gesamten Familie sind ordnungsgemäß vorhanden, und die drei jüngsten Geschwister bekommen täglich in der Schule ein gutes Mittagessen. Endlich - nach mindesten 10 Jahren!!