Parnehnen                       

Krasnij Jar 
Früher ein deutsches Dorf in Ostpreußen Heute ein russisches Dorf in der Oblast Kaliningrad
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Bericht 02/2004

Liebe Freunde und Helfer, liebe Sponsoren!

Scheinbar sind nur wenige Tage vergangen, seit ich einen ähnlichen Brief schrieb. Doch inzwischen waren das Wohnmobil und ich viermal in Krasnij Jar/ Parnehnen in Ostpreußen – ein Jahr ist verstrichen.Viele von Ihnen haben sich an der Hilfe für Parnehnen beteiligt: Schuhe und Wäsche gesammelt, Nachbarn und Freunde eingespannt auf der Suche nach Nähmaschinen, Wolle oder Computern. Andere haben sich an einer Reise beteiligt, Geld gespendet oder gesammelt, beim Sortieren und Packen geholfen, die Daumen gedrückt für eine gute Fahrt und glückliche Rückkehr oder die Computer und das Auto repariert und startklar gemacht.

Ihnen allen möchte ich dafür ganz herzlich danken, ich weiß, daß es nicht immer leicht ist, anderen Menschen Zeit und Geld zur Verfügung zu stellen, noch dazu, wenn die Empfänger der Hilfe unbekannte Menschen in weiter Entfernung sind, mit denen wir eigentlich nichts zu tun haben.Allerdings erinnern sich manche von uns noch, daß vor einiger (langer) Zeit wir Hilfe bekamen von unbekannten Menschen aus fernen Ländern. Sie alle wissen, daß sich die Art und Form der Hilfe im Laufe der Jahre geändert hat.

  Wintervorrat für eine Familie mit 7 Kindern

 

Während vor 10 Jahren bergeweise Kleidung, Medikamente und gar Lebensmittel nach Russland transportiert wurden, ist das nun nicht mehr in dem Maß erforderlich oder sinnvoll, auch durch die Zollbestimmungen nicht möglich und nur in geringem Umfang angebracht. Die meisten Hilfsorganisationen haben inzwischen entweder aufgegeben oder sich mit Ihrer Hilfeleistung umgestellt. Sie bringen nicht mehr den viel zitierten Fisch für die Hungernden; und auch die Zeiten, zu denen man Angeln brachte, sind fast vorüber. Nun bringen wir nach Möglichkeit das Werkzeug und die Informationen für den Bau der Angeln, um bei dem Bild zu bleiben. Das bedeutet in der Praxis für Parnehnen, daß beispielsweise zwar Kinderschuhe (für bedürftige Familien und bis zu 4 Kinderheimen in der Umgebung) noch mitgenommen werden, aber wir in Kaliningrad /Königsberg schon Material zur Reparatur der Schuhe kaufen können und der Schusternachwuchs in Parnehnen ausgebildet wird.
Pascha leitet Kinder vom Internat bei der Reparatur ihrer Schuhe an  

 

Auch Lebensmittel und Medikamente kosten dort einen Bruchteil des bei uns üblichen Preises, aber viele Leute können die nötigsten Dinge nicht bezahlen, weil sie keine Arbeit haben oder einen geringen Lohn.  Sowohl Arbeitslosigkeit als auch Hunger, Langeweile und den häufig daraus resultierenden Alkoholismus können wir ein wenig eindämmen durch den Kauf von Saatgut vor Ort und finanzielle Hilfe zum Bau von Zäunen (zum Schutz vor Kühen, Hunden u.s.w.) Der Ankauf von einem Teil des erzeugten Gemüses im Dorf zur Verteilung an Alte und Kranke bringt dann doppelten Nutzen. Auch die Anschaffung von Zeitschriften und Büchern über Gartenbau und Viehzucht für die gut besuchte Bibliothek sowie Finanzierung von Honorar für Vorträge über Gesundheit von Mensch und Tier werden von der Dorfbevölkerung als wertvolle Hilfe angesehen.

Die Beschaffung der erforderlichen Medizin und vorbeugende Maßnahmen wie Impfungen und Kauf von Gummihandschuhen und Spritzen für die Gesundheitsstationen sind seit Beginn der Besuche in Parnehnen Tradition.

 

Immer mehr konzentrieren wir uns auf Hilfe zur Ausbildung von jungen Menschen, Schulung von Erwachsenen und Erfindung von Arbeitsmöglichkeiten. Ein kleiner Anfang dabei ist die Aktion „Strümpfe stricken“ für Kinder der umliegenden Kinderheime gegen Arbeitslohn. Und auch der Test mit den Strickmaschinen ist im Januar (hoher Schnee)  etwas zögerlich angelaufen. Nach  dem Schulabschluß nach der 9. oder 10. Klasse setzen Jugendliche aus der Schule in Parnehnen teilweise ihre Ausbildung in einem Lyzeum oder Kollege fort.

Dazu wohnen sie in Wohnheimen in Kaliningrad oder anderen Orten und können nur am Wochenende nachhause fahren. Die Unterbringung ist soweit ich informiert bin in den Wohnheimen kostenlos, während die Internatsunterbringung beim Lyzeum (Hochschulzugang) für die meisten Familien unbezahlbar ist. Für die Wohnheimbewohner ist Selbstverpflegung nötig, auch das können nur wenige Familien ermöglichen. Und schließlich müssen  noch Schulmaterial und  Lehrbücher finanziert werden. Dabei oder auch während eines Hochschulstudiums, das teilweise durch einen Nebenjob finanziert wird, ist wesentliche Unterstützung ein Beitrag von 30,- bis  50,- € im Quartal durch die Parnehnen-Hilfe.

 

Aus allem Gesagten wird offensichtlich: es fehlt nicht an Kleidung, da die Vorräte nur in kleinen Portionen mitgenommen werden können; es fehlt, ich wage kaum, es zu sagen: an Geld. Darum noch einmal der Dank an alle, die irgendwie helfen:  mit vielen klitzekleinen Geldbeträgen oder auch einigen größeren Summen (manchmal ist mir vor Schreck und Freude die Luft weggeblieben), mit zwei Händen oder guten Wünschen für dieMenschen in Parnehnen.